Zinsen und Kosten: Wenn die Schulden explodieren

Die Zinsspirale treibt viele Menschen in die Überschuldung, trotzdem sinkt die Anzahl der Privatkonkurse. Die Fachzeitschrift „dasbudget“ erklärt warum und schildert Beispiele aus der Praxis der Schuldenberatungen: Wie ganz legal aus 10.000 Euro Schulden 600.000 werden.

(Wien, 28. Juni 2016) Herr S. hat Anfang der 1990er Jahre eine Eigentumswohnung gekauft. Dafür nahm er umgerechnet 10.000 Euro Kredit auf. Zwanzig Jahre später hat sich die Summe, die er der Bank schuldet, versechzigfacht: auf 628.000 Euro. Dies ist einer von vielen Fällen, mit denen die staatlich anerkannten Schuldenberatungen zu tun haben. Es sind keine bedauerlichen Einzelfälle. „Dass es keine Obergrenzen für Zinsen und Kosten bei der Schuldeneintreibung gibt, ist ein Systemfehler. Hier sollte der Gesetzgeber dringend aktiv werden“, sagt Clemens Mitterlehner, Geschäftsführer der ASB Schuldnerberatungen GmbH, Dachorganisation der Schuldenberatungen.

Keine Obergrenzen für Zinsen und Kosten
Sobald KreditnehmerInnen Probleme mit den vereinbarten Raten bekommen, beginnt sich die Zinsen und Kostenspirale schnell zu drehen. Erst ab einer Konkurseröffnung ist im Gesetz ein Zinsen- und Kostenstopp vorgesehen. Herr S. konnte seine Raten nicht bezahlen, weshalb sein Schuldenberg ganz legal immer größer und größer wurde. Viele Gläubiger beauftragen für die Schuldeneintreibung Inkasso-Dienste, die ihre Kosten ebenfalls den SchuldnerInnen verrechnen. Häufig melden Gläubigervertreter vor Gericht Schuldenberge an, die nach genauerer Analyse schrumpfen, weil verjährte Zinsen abzuziehen sind. Die Schulden von Herrn S. waren ganz legal auf 630.000 Euro angewachsen. Doch vor Gericht erschien selbst der klagenden Bank die Kostenexplosion nicht angemessen, weshalb sie freiwillig auf 100.000 Euro reduzierte.

Ausweg Privatkonkurs?

Seit 2016 befindet sich Herr S. im Abschöpfungsverfahren – die letzte Stufe im Privatkonkurs, bei der er mindestens sieben Jahre am Existenzminimum leben und mindestens zehn Prozent seiner Schulden zurückzahlen muss. Diese Mindestquote ist der Grund dafür, dass viele Privatkonkurse scheitern oder gar nicht erst eröffnet werden können – eine der Erklärungen für die stagnierende bzw. sinkende Anzahl von Privatkonkursen.

Für Herr S. bedeutet die Mindestquote, dass er die Entschuldung auch nach sieben Jahren nicht erreichen wird. Er schafft derzeit nur 20 Euro pro Monat, bräuchte für die zehn Prozent aber weitaus mehr. Nach mehreren Operationen am Herzen ist er nicht mehr arbeitsfähig und bezieht 867 Euro Invaliditätspension. Was er zahlt, zahlt er freiwillig aus dem eigentlich unpfändbaren Einkommen. „Nach Ablauf der sieben Jahre wird Herr S. voraussichtlich – bei derzeitiger Gesetzeslage – mit seinem Konkurs gescheitert sein und alle Schulden inklusive Zinsen leben wieder auf. Sein Schuldenberg wird noch größer sein als zuvor“, erklärt Clemens Mitterlehner. „Dass Menschen zunächst durch die Zinsenund Kostenspirale in den Abgrund stürzen und sie dann noch nicht einmal die Möglichkeit für einen Neustart haben, ist nicht zu akzeptieren.“


Die Zeitschrift „dasbudget“ mit weiteren anonymisierten Fallbeispielen und Hintergrundinfos ist auf Anfrage bei der asb erhältlich.

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Mag.a Gabriele Horak-Böck (Öffentlichkeitsarbeit), T. 01-96 10 213, Mobil 0681-10 43 30 46,
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Mag. (FH) Clemens Mitterlehner (Geschäftsführung), T. 0732-65 65 99, Mobil 0681-104 704 45,
E. clemens.mitterlehner@asb-gmbh.at

 

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