Basiskonto als zweite Chance
(01.05.2006) Als „wichtigen Schritt, um Menschen am Rande der Gesellschaft zurück in die Mitte zu holen“, begrüßen Schuldnerberatungen und Caritas die Einführung eines Basiskontos ohne Überziehungsrahmen („Habenkonto“) für Menschen, die finanziell in der Klemme stecken. Die Initiative der Stiftung der Erste Bank ein solches Konto als Angebot, unter anderem für KlientInnen der Schuldnerberatungen und der Caritas einzurichten, sei ein wesentlicher Beitrag, um „Menschen in schwierigen Lebenssituationen eine zweite Chance zu geben“, sind sich Hans W. Grohs, Geschäftsführer der Dachorganisation der österreichischen Schuldnerberatungen ASB Schuldnerberatungen und Caritas-Generalsekretär Stefan Wallner einig.
„Wir hoffen, dass diese Initiative zur Initialzündung für einen grundsätzlich besseren Zugang benachteiligter Personen zu den für sie notwendigen Finanzdienstleistungen wird“, so Grohs, der dabei auf vorbildliche Entwicklungen in Ländern wie Belgien und den Niederlanden hinweist.
„Ohne eigenes Konto kommen Menschen mit finanziellen Problemen nämlich noch weiter ins Abseits“, so Grohs: „Diese Situation führt zusätzlich zu Schwierigkeiten bei der Arbeitsplatzplatzsuche. Auch eine nachhaltige Schuldenregulierung wird erheblich erschwert und es kommt zur unverständlichen Paradoxie, dass diejenigen, die ohnedies wenig haben, ohne Girokonto alle Bankdienste teurer bezahlen müssen.“
„Misstrauische Chefs oder ablehnende, potenzielle Arbeitgeber, zusätzliche Rennereien bei der Überweisung der Miete… Das Fehlen eines eigenen Kontos schafft Probleme für Menschen, die ohnehin schon genug davon haben“, stößt Caritas-Generalsekretär Stefan Wallner ins selbe Horn.
Erfahrungen aus der Praxis der Schuldnerberatungen und den Caritas-Sozialberatungsstellen zeigen, dass zahlreiche Menschen ohne Job und/oder mit Schuldenproblemen häufig mit dem Entzug ihres Bankkontos bzw. der Verweigerung einer Kontoeröffnung konfrontiert sind. Als Gründe werden von den Banken Privatkonkurs, der Eintrag in „schwarze“ Listen oder ganz allgemein mangelnde Bonität angeführt. Besonders die von Banken zuweilen recht offensiv beworbene Möglichkeit der Kontoüberziehung führe zu Überschuldung und dazu, dass Menschen im Zuge von Einkommenseinbußen, etwa durch Krankheit oder Arbeitslosigkeit, das Konto gekündigt wird, betont Grohs.
Fallbeispiel aus der Praxis der Schuldnerberatungen
Herr S. hatte über längere Zeit sein Konto tief im Minus. Durch sein regelmäßiges Einkommen war das für ihn und die Bank nie ein Problem. Erst als die Zahlungen aufgrund des Verlustes des Arbeitsplatzes nicht mehr ausreichend kamen, machte die Bank Druck und drohte mit Anwalt und Gericht. Herr S. und seine Familie schränkten ihren Lebensstandard extrem ein, mussten letztlich aber doch ein gerichtliches Schuldenregulierungsverfahren beantragen. Zuerst gab es für Herrn S. Schwierigkeiten selbst die unpfändbaren Beträge des Arbeitslosengeldes zu beheben. In der Folge kündigte die Bank auch den Kontovertrag. Sie begründete das damit, dass Herr S. ein schlechter Kunde sei. Seitdem bemüht sich Herr S., bei anderen Banken ein Konto zu bekommen, was ihm von diesen unter anderem mit Hinweisen auf die Vormerkung in den entsprechenden Listen und das Schuldenregulierungsverfahren verweigert wird. Damit entstehen für Herrn S. und seine Familie nicht nur allgemein diskriminierende Unannehmlichkeiten; auch eine neue Arbeit aufzunehmen, ohne ein Konto nachweisen zu können, ist nahezu unmöglich.
Hintergrund: Presseaussendung der ERSTEN österreichischen Spar-Casse Privatstiftung: Download (PDF, 230kB)