Überschuldung: Schuldenberatungen appellieren an Banken
(01.10.2008) Die zentrale Bedeutung gesamtgesellschaftlicher Verantwortung der Banken im Hinblick auf eine umfassende Vermeidung und Bekämpfung privater Überschuldung in Österreich, betonte Hans Grohs, Geschäftsführer der Dachorganisation der staatlich anerkannten Schuldenberatungen asb im Rahmen des 20 Jahr Jubiläums der Wiener Schuldenberatung am Freitag, 12. September. Die Schuldenberatungen fordern u.a. ein gesetzliches Recht auf ein Girokonto und verantwortlicheren Umgang bei der Vergabe von Krediten.
Mehr als 50.000 Personen haben in Österreich keinen Zugang zu einem Girokonto und damit hohe Überweisungskosten, Schwierigkeiten bei der Arbeitsplatzsuche und gegenüber Vermietern und sind auch bei der Zahlung von Versorgungsleistungen wie Strom und Gas diskriminiert. Zuletzt wurde das Problem bei der Freihaus-Zustellung von Leistungen wie Pension und Sozialhilfe an Kontolose in Wien evident: Die Post stellt wegen zu häufiger Überfälle auf BriefträgerInnen seit September kein Bargeld mehr zu, stattdessen wurden „Sonderboten“ einer Sicherheitsfirma damit beauftragt.
Von Kontolosigkeit betroffen sind vor allem auch Personen, die eine Schuldenregulierung begonnen haben. „Es ist nicht einzusehen, dass gerade jene, die dabei sind, ihre Schuldenprobleme zu lösen, vom bargeldlosen Zahlungsverkehr ausgeschlossen werden“, so Grohs, der für ein gesetzliches Recht auf ein Girokonto auf Habenbasis plädiert, wie es in anderen Ländern bereits besteht.
Zum Privatkonto gebe es heutzutage keine Alternative. Ein Recht auf ein einfaches Basisprodukt, das dem Zahlungsverkehr dient, müsse daher europäisches Allgemeingut werden. Initiativen wie die Zweite Sparkasse, die Girokonten für KlientInnen der Schuldenberatungen und anderer sozialer Organisationen zur Verfügung stellt, sind löblich, aber keine Gesamtlösung. Sie decken nur einen Bruchteil des Bedarfs ab.
In einer bemerkenswerten Rede hat auch der EU-Kommissar für Binnenmarkt McCreevy im Mai des Jahres das Problem finanzieller Ausgrenzung kritisiert und festgestellt, dass für jeden Menschen der Zugang zu grundlegenden Finanzdienstleistungen eine zentrale Voraussetzung ist, um in der modernen Gesellschaft uneingeschränkt am wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Leben teilnehmen zu können. Er formulierte das ambitionierte Ziel, dass in absehbarer Zeit in Europa niemandem der Zugang zu einem „Basiskonto“ verwehrt sein wird.
Verantwortliche Kreditvergabe ist Gebot der Stunde
Auch eine verantwortlichere Kreditvergabe sei, so Grohs, angesichts der herrschenden Überschuldungsproblematik, Gebot der Stunde.Konkret ginge es um einen offenen und allgemeinen Zugang zu sozial angepassten und verantwortlichen, sprich der Lebenssituation und dem Einkommen der KreditnehmerInnen entsprechenden Krediten. Verträge müssten transparent und verständlich sein. Die Kreditvergabe sollte über die gesamte Laufzeit fair, verantwortlich und ohne Risiko erfolgen. Die Anpassung von Kreditbeziehungen an geänderte Lebensverhältnisse sollte Vorrang vor Kündigung und Konkursantrag haben. Der Finanzdienstleistungsmarkt kann nur funktionieren, wenn klare gesetzliche Regeln vorgegeben sind. „Die Banken dürfen sich nicht nur dem ‚goldenen‘ Privat Banking und Spekulationsgeschäften hingeben und die Versorgung der Bevölkerung mit einfachen Basisprodukten vernachlässigen. Dies führt zu diskriminierenden Ausgrenzungen, mit denen Schuldenberatungen täglich konfrontiert sind“, so Grohs.
Die ASB Schuldnerberatungen GmbH vertritt als Dachorganisation die gemeinsamen Interessen der staatlich anerkannten Schuldenberatungen in Österreich.
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