Schuldenreport 2017 zeigt, wie wichtig Privatkonkurs-Reform ist

(03.05.2017) Heute präsentierte die ASB Schuldnerberatungen GmbH (asb), Dachorganisation der staatlich anerkannten Schuldenberatungen, den Schuldenreport 2017. Der Anteil der arbeitslosen KlientInnen liegt bei knapp 40 Prozent. Auch als Überschuldungsgrund führt mit rund 37 Prozent nach wie vor mit Abstand Arbeitslosigkeit, gefolgt von gescheiterter Selbstständigkeit mit 21 Prozent.

Für beide Gruppen ist es derzeit oft schwierig, die im Privatkonkurs erforderliche Mindestquote von zehn Prozent zu erreichen. Ist das Einkommen sehr niedrig oder sind die Schulden sehr hoch, bleibt der Neustart oft verwehrt. Das soll sich bald ändern: Im März ging die Reform des Privatkonkurses durch den Ministerrat und wird derzeit im Justizausschuss behandelt. Die Abstimmung im Nationalrat erfolgt im Juni, in Kraft treten soll das Gesetz zum Privatkonkurs Neu bereits mit 1. Juli.

Seit vielen Jahren fordern die Schuldenberatungen, die Hürden zum Privatkonkurs zu beseitigen. „Von den knapp 60.000 KlientInnen, die 2016 Unterstützung von einer Schuldenberatung erhielten, haben fast 30 Prozent ein Einkommen unter dem Existenzminimum“, berichtet Clemens Mitterlehner, asb Geschäftsführer. „Für diese Menschen war bisher eine Schuldensanierung äußerst schwierig. Ebenso für Personen, die mit einer Selbstständigkeit gescheitert sind und auf einem hohen Schuldenberg sitzen. Mit dem neuen Gesetz bekommen auch sie eine zweite Chance.“

Peter Bosek, Privatkunden-Vorstand der Erste Group Bank AG sieht die Novelle ambivalent: „Bei der Kreditvergabe haben wir als Bank eine große Verantwortung. Als Gläubiger kann ich mich deshalb grundsätzlich nicht freuen, wenn ich vom verliehenen Geld weniger zurückbekomme. Andererseits ist es sinnvoll, dass durch die Novelle die Schwellen zum Eintritt in ein Verfahren herabgesenkt werden. Dadurch kann die betroffene Person schneller schuldenfrei sein und somit ins geregelte Erwerbsleben eintreten. Scheitern darf nicht Stigmatisiert werden. Das fördert vielleicht auch ein Umdenken zu mehr Mut in der Gesellschaft.“ Und er ergänzt: „Wesentlich allerdings ist, dass die Eigenverantwortung für eine eingegangene finanzielle Verpflichtung bei Privatpersonen aufrecht bleibt. Die Basis ist das Verständnis und Wissen in Sachen Finanzen - mehr Finanzbildung wäre wichtig und wünschenswert.“ Eine Verteuerung der Kredite sieht Bosek derzeit nicht.

Privatkonkurse in Zahlen

Seit der Einführung des Privatkonkurses 1995 wurden österreichweit 129.000 Verfahren eröffnet. 2016 waren es 7.855 Privatinsolvenzen, fast 70 Prozent davon werden von einer Schuldenberatung begleitet. Der Großteil der Sanierungen erfolgt mittels Zahlungsplan, dem die Gläubigermehrheit zustimmen muss. Die Regeln im Zahlungsplan bleiben nach der Reform unverändert. Neu geregelt wird das Abschöpfungsverfahren, die letzte Stufe im Konkurs, der Gläubiger nicht zustimmen müssen: Anstatt bisher sieben Jahre werden SchuldnerInnen künftig nur drei Jahre auf das Existenzminimum gepfändet, die Mindestquote von 10 Prozent entfällt.

 

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zum Download Schuldenreport 2017 (3,5 MB)

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Schuldenreport: Risiko für Überschuldung und Armut steigt

(02.05.2023) 2022 haben in den Schuldenberatungen 10 % mehr Erstkontakte stattgefunden als im Jahr davor. Die durchschnittliche Überschuldung der Klient*innen lag bei 61.430 Euro. Das zeigt der Schuldenreport 2023. Menschen, die in die Schuldenberatung kommen, haben monatlich durchschnittlich 1.400 Euro zur Verfügung. Bei fast der Hälfte ist die Pflichtschule die höchste abgeschlossene Ausbildung. Das Risiko, dass Menschen in Österreich von Überschuldung und Armut betroffen sind, steigt durch die Teuerungen. [ mehr ]

Privatinsolvenzen im ersten Quartal 2023 um 6,3 Prozent gestiegen

(11.04.2023) Im ersten Quartal 2023 wurden in Österreich 2.178 Schuldenregulierungsverfahren eröffnet, das sind um 129 Verfahren mehr als im Vergleichszeitraum 2022 und entspricht einer Steigerung von 6,3 Prozent. Die Zahl der Insolvenzanträge ist um 6,7 Prozent bzw. 151 Anträge auf 2.392 Anträge gestiegen. [ mehr ]

Frauen in der Schuldenberatung

(08.03.2023) Knapp 23.000 Frauen haben 2022 Unterstützung von einer staatlich anerkannten Schuldenberatung erhalten. Das sind beinahe 41 % der insgesamt unterstützten Personen. Die Klientinnen hatten bei der Erstberatung durchschnittlich 51.000 Euro Schulden (um Extremwerte bereinigter Wert; Männer 68.000 Euro). 2.950 Frauen sind im Vorjahr in Privatkonkurs gegangen. Das sind 36 % der in Österreich eröffneten Privatkonkurse. Fast jede zweite erstberatene Klientin der Schuldenberatung hat als höchste Ausbildung einen Pflichtschulabschluss.  [ mehr ]