Frauentag: Frauen in der Schuldenfalle

(5.3.2020) Frauen haben im Schnitt ein deutlich niedrigeres Einkommen als Männer zur Verfügung. Das macht sich auch in der Schuldenberatung bemerkbar: Fast ein Drittel der Klientinnen hatte 2019 nicht mehr als das Existenzminimum zur Verfügung (das waren 933 Euro für eine alleinstehende Person). Bei den Klienten fielen 23 Prozent unter diese Grenze. „Mit so wenig Geld ist die Schuldenregulierung extrem schwierig. Betroffene Frauen sind akut armutsgefährdet", sagt Maria Kemmetmüller, stellvertretende Geschäftsführerin der asb, der Dachorganisation der staatlich anerkannten Schuldenberatungen. Betreuungspflichten, die ebenfalls großteils bei Frauen liegen, machen die Situation der betroffenen Haushalte noch prekärer.
Die seit Ende 2017 wirksame Privatkonkursreform hat Verbesserungen gebracht: Nun können auch überschuldete Menschen mit sehr geringem Einkommen die Entschuldung in einem Privatkonkurs erlangen, weil sie keine Mindestquote in der Rückzahlung mehr erreichen müssen. „Das war auch frauenpolitisch eine sehr wichtige Maßnahme", so Kemmetmüller.

Trennung und Bürgschaft als Überschuldungsgründe

Von den über 60.000 Personen, die im Jahr 2019 von einer staatlich anerkannten Schuldenberatung Unterstützung erhalten haben, waren 41 Prozent Frauen. Der häufigste Überschuldungsgrund bei beiden Geschlechtern ist Arbeitslosigkeit bzw. Einkommensverschlechterung. Bei den Frauen ist jedoch erstmals „Scheidung/Trennung" als Überschuldungsgrund auf Platz drei vorgerückt. „Man kann davon ausgehen, dass das niedrigere Einkommen von Frauen und eine schnellere Überschuldung im Trennungsfall in Zusammenhang stehen", sagt Maria Kemmetmüller.

Auch bei Bürgschaften und Mithaftungen macht sich ein deutlicher Gender-Gap bemerkbar: Sie spielen bei Männern keine große Rolle (3 Prozent), bei Frauen werden sie jedoch in 12 Prozent der Fälle als Grund für Überschuldung genannt. Zur Absicherung von Krediten des Mannes/Lebensgefährten fungiert oft die Partnerin als Bürgin. „In der Praxis werden häufig Frauen als Bürginnen verpflichtet, obwohl eigentlich klar ist, dass sie mit ihrem Einkommen die Rückzahlung des Kredites niemals schaffen könnten. Die Banken müssen hier verantwortungsvoller agieren", sagt Maria Kemmetmüller. Ein generelles Verbot von Mithaftungen für einkommensschwache PartnerInnen wäre anzudenken. „Betroffene übersehen auch häufig, dass übernommene Bürgschaften auch über das Beziehungsende hinaus bestehen bleiben."

Aus Sicht der Schuldenberatungen braucht es politische Maßnahmen, um allen Frauen ein existenzsicherndes Einkommen zu garantieren und die Gehaltsschere zwischen den Geschlechtern zu schließen. „Eine konkrete Forderung ist die Erhöhung des Existenzminimums, das derzeit deutlich unter der Armutsgefährdungsschwelle liegt und viele unserer Klientinnen wie auch Klienten samt ihren Kindern in die Armut treibt", sagt Maria Kemmetmüller.

 

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Zur Presseaussendung am 5.3.2020