Privatinsolvenzen in den ersten drei Quartalen 2022 weiter im Steigen

(7.10.2022) In den ersten drei Quartalen 2022 wurden in Österreich 6.208 Schuldenregulierungsverfahren eröffnet, das sind um 1.197 Verfahren mehr als im Vergleichszeitraum 2021 und entspricht einer Steigerung von 23,9 Prozent. Die Zahl der Insolvenzanträge ist um 28,4 Prozent bzw. 1.497 Anträge auf 6.772 Anträge gestiegen.

Privatinsolvenzeröffnungen nach Bundesländern

Mit Ausnahme von Vorarlberg gibt es in allen Bundesländern bei den eröffneten Schuldenregulierungsverfahren in den ersten drei Quartalen 2022 teils deutliche Zuwächse.

Salzburg sticht dabei mit einer Steigerung von 51,7 Prozent gegenüber dem Vorjahr besonders hervor. Ebenfalls überdurchschnittlich hohe Zuwächse haben Tirol mit 41,5 Prozent, die Steiermark mit 36,9 Prozent, Niederösterreich mit 36,2 Prozent und Oberösterreich mit 32,7 Prozent. Kärnten liegt bei den Privatkonkurseröffnungen mit einem Plus von 24,2 Prozent in etwa im Österreichschnitt. In Wien und dem Burgenland fallen die Zuwächse mit 10,3 Prozent bzw. 5,4 Prozent geringer aus. Diesem Aufwärtstrend steht Vorarlberg mit einer rückläufigen Entwicklung gegenüber: Vorarlberg hat bei den Privatinsolvenzeröffnungen einen Rückgang von 1,2 Prozent in den ersten neun Monaten des Jahres 2022 zu verzeichnen.

Auch wenn die Vor-Pandemie-Werte noch nicht erreicht sind, setzt sich der seit Ende 2021 beobachtbare Trend steigender Zahlen bei den Privatkonkurseröffnungen auch in den ersten drei Quartalen 2022 fort: Ein Grund für die kontinuierlich wachsende Zahl an eröffneten Schuldenregulierungsverfahren liegt in der Insolvenzrechtsreform (RIRUG), die im Juli 2021 in Kraft getreten ist und (unter strengen Voraussetzungen) eine Entschuldungsmöglichkeit binnen drei Jahren vorsieht.

Überdies scheint ein gewisser Nachholeffekt vorzuliegen, zumal in den Jahren 2020 und 2021 deutlich weniger Insolvenzen eröffnet wurden. Viele Überschuldete holen ihre Schuldenregelung nun nach.

Nach wie vor ist auch die Corona-Pandemie als Unsicherheitsfaktor bei der Entwicklung der Privatkonkurszahlen zu sehen.

Inwieweit sich die aktuell hohe Inflationsrate und die damit verbundenen wirtschaftlichen Herausforderungen bereits in den vorliegenen Zahlen widerspiegeln, ist schwer abzuschätzen. Es ist aber davon auszugehen, dass die Teuerung mit etwas zeitlicher Verzögerung das Insolvenzgeschehen weiter antreiben wird.

Offenkundige Zahlungsunfähigkeit & Gesamtvollstreckung

Mit der Exekutionsrechtsnovelle (GREx), die seit 1.7.2021 in Kraft ist, wurde die gesamte Exekutionsordnung umfassend reformiert. Die Reform hat zum Ziel, die Effizienz zur Hereinbringung offener Forderungen zu steigern und die Schnittstelle zum Insolvenzrecht zu verbessern.

In den ersten drei Quartalen wurden insgesamt 2.019 Einträge zur Offenkundigen Zahlungsunfähigkeit in der Ediktsdatei veröffentlicht.

In 174 der insgesamt 2.019 Verfahren, dies entspricht 8,6 Prozent, wurde nach Feststellen der Offenkundigen Zahlungsunfähigkeit auch tatsächlich ein Insolvenzverfahren eröffnet.

Insgesamt wurden im 1.-3. Quartal 2022 172 Einträge zur Gesamtvollstreckung in der Ediktsdatei veröffentlicht. In 71 dieser Fälle wurde vorher die Offenkundige Zahlungsunfähigkeit festgestellt.

In Bezug zu den gesamt eröffneten Verfahren (6.208) zeigt sich, dass nur 2,8 Prozent (174) aller Eröffnungen auf eine vorangegangene offenkundige Zahlungsunfähigkeit zurückgehen.
Demnach scheint die Intention des Gesetzgebers, mehr Personen in die Entschuldung zu bringen, bisher noch nicht verwirklicht zu sein.

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