Neue Referenzbudgets der Schuldenberatungen zeigen Anstieg der Lebenskosten
Utl: Größte Preistreiber sind Heizen, Strom, Nahrungsmittel und soziale Teilhabe.
(19. Juni 2023) Jährlich berechnet die Dachorganisation der staatlich anerkannten Schuldenberatungen, mit welchen monatlichen Ausgaben unterschiedliche Haushaltsformen zu rechnen haben. Bei den neuesten Erhebungen zeigt sich, in welchen Bereichen die Preissteigerungen am höchsten sind. Die Kosten für Heizen, Strom und Nahrungsmittel sind am stärksten gestiegen, gemeinsam mit den Kosten für soziale und kulturelle Teilhabe. Das ist in mehrerlei Hinsicht problematisch.
Maria Kemmetmüller, stellvertretende Geschäftsführerin der ASB Schuldnerberatungen GmbH, der Dachorganisation der österreichischen Schuldenberatungen, ist für die Erstellung der Referenzbudgets federführend verantwortlich. „Ein Paar mit zwei Kindern im Alter von sieben und 14 Jahren hat monatliche Kosten von 4.077 Euro", führt sie als Beispiel an. „Das ist ein Anstieg von fast 300 Euro im Vergleich zum Jahr davor. Die höchsten Preissteigerungen sind beim Heizen, beim Strom und bei Nahrungsmitteln zu verzeichnen – hier einzusparen ist kaum möglich."
Im Schnitt sind die Heizkosten um 58 Prozent gestiegen, die Kosten für Strom und Nahrungsmittel um 11 Prozent und jene für soziale und kulturelle Teilhabe um 7 Prozent.
Einsparungen bei sozialer Teilhabe sind problematisch
Die Kosten für ein Minimum an sozialer und kultureller Teilhabe betragen für eine vierköpfige Familie 518 Euro, im Jahr davor waren es 483 Euro. Eine aktuelle Umfrage der Arbeiterkammer zeigt auf, dass drei von vier Menschen in Österreich versuchen, bei Freizeitaktivitäten Kosten einzusparen. Das ist problematisch: Für die gesunde Entwicklung von Kindern und Jugendlichen ist eine grundlegende Teilhabe am sozialen Leben unerlässlich. Für ältere Menschen beugt ein gelegentlicher Kaffeehausbesuch Vereinsamung vor und die Gruppe der Erwerbstätigen läuft Gefahr, ohne mentalen Ausgleich nur noch funktionieren zu müssen.
Kluft zwischen Referenzbudgets und Armutsgefährdungsschwelle wächst
Ebenfalls aus den neuen Referenzbudgets herauszulesen ist, dass die Kluft zwischen Armutsgefährdungsschwelle und tatsächlichen Lebenskosten weiter angestiegen ist. Für eine vierköpfige Familie befindet sich die Armutsgefährdungsschwelle mittlerweile um 875 Euro unter den Referenzbudgets. „Das heißt, die tatsächlichen Lebenskosten liegen sehr weit über dem Wert, der als Grenzwert für eine Armutsgefährdung definiert ist", so Clemens Mitterlehner, Geschäftsführer der Dachorganisation der Schuldenberatungen. „Das passt nicht mehr zusammen!"
Offiziell gelten 15 % der österreichischen Bevölkerung als armutsgefährdet. Würde man die Referenzbudgets als Grundlage heranziehen, wären es mehr als 20 % – also jede 5. Person in Österreich. Das hat die Statistik Austria im Auftrag der Arbeiterkammer Wien schon Ende 2022 berechnet. „Die Referenzbudgets stellen eine lebensnahe und aktuelle Bemessungsgrundlage für soziale Standards und Transferleistungen dar. Sie müssen bei Maßnahmenpaketen gegen die Teuerungen herangezogen werden", sagt Mitterlehner. „Es geht nicht nur darum, irgendwie zu überleben, sondern auch darum, in Grundzügen am sozialen Leben teilhaben zu können."
Erläuterung zu Referenzbudgets
Referenzbudgets stellen die notwendigen monatlichen Ausgaben für verschiedene Haushaltstypen dar, vom Ein-Personen-Haushalt bis zum Paar mit drei Kindern sowie welche Kosten für Kinder und Jugendliche entstehen. Gezeigt wird dabei, welche Ausgaben für ein einfaches, aber angemessenes Leben notwendig sind - ohne Luxus, aber mit sozialer Teilhabe. Damit liefern Referenzbudgets Orientierungshilfen, etwa in der Schuldenberatung und der Budgetberatung. Die Referenzbudgets werden jährlich von der asb aktualisiert. Die aktuellen Referenzbudgets stehen auf dem Webportal der Schuldenberatungen zum Download.
Hintergrundmaterial:
Zu den Referenzbudgets
Zu den Referenzbudgets für Kinder und Jugendliche
Budgetbeispiele auf der Seite der Budgetberatung