Weltfrauentag: Hürden beim Privatkonkurs für Frauen
Von den 10.770 im Jahr 2012 beantragten Privatkonkursen entfielen 38 Prozent auf Frauen (Quelle: Insolvenzdaten des BMJ). Zwischen Beantragung und Erreichen einer Restschuldbefreiung liegt jedoch eine Hürde, die für Frauen oft schwieriger zu meistern ist als für Männer. Denn Frauen verfügen im Schnitt über ein geringeres Einkommen, können daher den Gläubigern nur kleinere Quoten anbieten und laufen damit Gefahr, mit ihrem Konkurs zu scheitern.
Seit drei Jahren diskutieren ExpertInnen eine Reform des Insolvenzrechts, die unter anderem den Zugang zum Privatkonkurs für Menschen mit niedrigem Einkommen erleichtern sollte sowie die Entschuldungsdauer von derzeit sieben Jahren verkürzen. „Hier bedarf es dringend einer Einigung und Umsetzung, denn Österreich hinkt im europäischen Vergleich stark nach“, sagt Hans W. Grohs, Geschäftsführer der asb, Dachorganisation der staatlich anerkannten Schuldenberatungen. In keinem anderen europäischen Land mit gerichtlichem Schuldenregulierungsverfahren müssen Überschuldete so lange auf die Restschuldbefreiung warten. Und auch mit der Mindestquote von 10% Rückzahlungserfordernis, eine unüberwindliche Hürde für Menschen mit niedrigem Einkommen aber hohen Schulden, steht Österreich ziemlich alleine da.
Gründe für Überschuldung
Im Jahr 2012 haben mehr als 55.000 Personen Unterstützung von einer staatlich anerkannten Schuldenberatung erhalten, davon waren 22.600 Frauen (41 Prozent).
Arbeitslosigkeit bzw. Einkommensverschlechterung ist bei Frauen (wie auch bei Männern) der Hauptgrund für Überschuldung, mit großem Abstand gefolgt von Umgang mit Geld, Scheidung bzw. Trennung, Bürgschaften und gescheiterter Selbstständigkeit.
Bürgschaften/Mithaftungen spielen bei Männern selten eine Rolle, werden von Frauen aber relativ häufig als Grund für Überschuldung genannt. Zur Absicherung von Krediten des Mannes/Lebensgefährten dient oft die Partnerin als Bürgin. Übernommene Bürgschaften bleiben aber auch über das Beziehungsende hinaus bestehen. Nicht selten liegt ein Missverhältnis zwischen übernommener Haftung und finanzieller Leistungsfähigkeit vor.
Fallbeispiel: Schuldenfalle Bürgschaften
Frau M., geboren in Bosnien, ist verheiratet und arbeitet als Hotelangestellte in Tirol. Sie hat Bürgschaften für ihren Mann, ihren Bruder und ihre Schwägerin übernommen. Sie alle sind den Zahlungsverpflichtungen nicht nachgekommen, sodass die Bürgin von den Gläubigern in Anspruch genommen wurde. Die Forderungen belaufen sich mittlerweile auf insgesamt 115.000 Euro. Die laufenden Kosten können nicht mehr bezahlt werden, die Schulden werden in einer Kosten- und Zinsspirale immer höher.
Auch verstärkte Armutsbetroffenheit von Frauen erhöht das Risiko für Überschuldung und erschwert eine Regulierung. 443.000 Frauen in Österreich (13 Prozent) leben laut Statistik Austria mit einem Einkommen unter der Armutsgrenze. Alleinerzieherinnen, Pensionistinnen und Migrantinnen gehören zu den am häufigsten von Armut betroffenen Gruppen.
Fallbeispiel: Alleinverdienerin am Existenzminimum
Frau K. ist verheiratet, hat drei Kinder und lebt in Wien. Ihre Schulden in der Höhe von rund 32.000 Euro entstanden hauptsächlich dadurch, dass sie Alleinverdienerin mit rund 1.300 Euro Einkommen für eine 5-köpfige Familie war. Ihr Mann ist krank und arbeitsunfähig. Aufgrund hoher und steigender Wohnungskosten und dem Heranwachsen der Kinder geriet das Haushaltsbudget aus den Fugen und die Schulden stiegen. Über 20.000 Euro liefen allein bei der Hausbank auf. Die übrigen Schulden verteilen sich auf Telekomunternehmen, Wohnungsgenossenschaft und Versicherungen. Seit Ende 2011 ist Frau K. im Privatkonkurs im Abschöpfungsverfahren und wird dieses erst Ende 2018 erledigt haben. Bis dahin muss sie mit dem Existenzminimum leben – eine Restschuldbefreiung ist nicht garantiert.
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Rückfragen bei der asb:
Dr. Hans W. Grohs (Geschäftsführer), Tel. 0732-65 65 99, hans.grohs@asb-gmbh.at
Mag.a Gabriele Horak-Böck (Öffentlichkeitsarbeit), Tel 01-96 19 213, gabriele.horak@asb-gmbh.at